Bereits im letzten Jahr hatten wir die Idee, mit Toms Bruder Kay und seiner Freundin Lili Sankt Petersburg zu
besuchen. Aus verschiedenen Gründen klappte das aber 2017 nicht und so wollten wir es nun, ein Jahr später,
endlich nachholen. Mit Jan, Bruder Nummer zwei plus Freundin Elli war der Familienausflug komplett.

Elli buchte für uns die Flüge mit Aeroflot und über Airbnb fanden wir eine schöne Wohnung mit vier Schlafzimmern
und drei Bädern. Unser Visum besorgten wir ganz unkompliziert und schnell über König-Tours. Für den Transfer
vom und zum Flughafen Pulkowo reservierte ich einen Minivan über „Lingotaxi“. Somit waren die Vorbereitungen
abgeschlossen und gemeinsam freuten wir uns auf den Trip. Bis… Ja, bis Lili aus privaten Gründen den Urlaub
absagte. Das war mehr als schade, zumal ich über die deutschsprechende Reiseführerin Svetlana bereits 6 Karten
für die Eremitage reserviert hatte und Lili, mit ihren russischen Wurzeln, auch unsere Übersetzerin sein sollte.
So fand die restliche Tagesplanung leider ohne Lili statt. Bis… Ja, bis Lili mich drei Tage vor der Abreise anschrieb
und mir mitteilte, dass sie nun doch wieder mit von der Partie sei! Meine Freude war groß und zum Glück hatte
Svetlana die sechste Karte nicht zurückgeben können. Jan und Elli erzählten wir von der großen Neuigkeit noch
nichts, wir wollten sie am Flughafen überraschen.


22.09.

Nach einem feuchtfröhlichen Abend im thailändischen Restaurant Sukhothai, war der Wecker um 6:00 Uhr in der
Früh doch recht nervig. Nein, eigentlich ist ein schellender Wecker immer nervig! Duschen, Brötchen schmieren und
noch schnell die letzten Sachen zusammenpacken, zack waren wir fertig. Etwas nervös guckte ich noch einmal auf
meine Packliste und hakte alles ab. Die Sonnencreme und den Mückenstecker werden wir wohl nicht brauchen?!

Pünktlich um 7:45 Uhr rollten Jan und Elli auf den Hof. Nach einer recht wortkargen und müden Begrüßung düsten
wir nach Düsseldorf. Während der 45-minütigen Fahrt erwachten dann aber so langsam unsere Lebensgeister und
als Elli mich fragte, ob ich mal mit Lili gesprochen hätte, war ich endgültig hellwach. „Ääh, nee!“, stammelte ich
etwas vor mich hin und versuchte das Thema zu wechseln. Aber erst nach 10 Minuten waren wir bei „Haustieren"
angekommen und ich konnte mich etwas entspannen.
In Düsseldorf eingetrudelt, fuhren wir am vorab im Internet reservierten Parkplatz erst mal vorbei. Die auf einem
DIN A4-Zettel aufgedruckte Hausnummer war zur Hälfte abgerissen und so kamen wir erst im zweiten Anlauf am
gewünschten Ziel an.
Mit dem Shuttlebus wurden wir vier innerhalb von ein paar Minuten zum Abfluggebäude gebracht. Blöderweise zum
„falschen" Ende. So mussten wir erst durch die gesamte Halle latschen, bis wir endlich am richtigen Schalter
ankamen. Kay wartete bereits und freudig fielen wir uns in die Arme. Mh, wo war Lili? Ein bisschen aufgeregt
schaute ich mich um und als wir dann zusammen um die Ecke gingen, stand sie dort grinsend neben ihrem großen
rosa Koffer. Elli brauchte ein paar Sekunden bis sie begriff, wer da vor ihr stand. Die Freude war allerseits groß und
mit Sekt stießen wir auf die kommenden Tage an.

 

 


 


Nachdem wir die Koffer aufgegeben hatten, mussten wir erst mal noch die 5 Getränkedosen von Kay und Lili
vernichten, bevor es zur Sicherheitskontrolle ging. Die Zwei waren wohl mit großem Durst von zuhause gestartet?!

Die restlichen Brötchen, Süßigkeiten und Knabbereien futterten wir dann am Gate.

Ein Shuttlebus  brachte uns zu unserer kleinen russischen Maschine. Entgegen unserer Erwartung fuhr der Bus aber
nach links statt nach rechts ab. Ups, damit hatte niemand gerechnet und alle machten einen kleinen Ausfallschritt
zur Seite.

Die letzten sechs Plätze im Flieger waren für uns reserviert. Rechts die Mädels, links die Jungs. Kaum hockten wir
auf den blauen Kunstledersitzen nahmen wir einen etwas unangenehmen Geruch wahr. Eine Mischung aus Fisch
und Pipi. Ekelig, ich weiß! War aber so. Zum Glück gab die Lüftung alles und der Gestank war schnell nicht mehr
wahrnehmbar.

Während die Männer schliefen oder Musik hörten, quatschten wir drei Mädels fast den ganzen Flug über. Kurz
wurden wir vom Bordpersonal gestört, welches uns ein Getränk und ein trockenes Brötchen andrehte. Die
wurstartige Substanz, die sich an das etwas gummiartige weiße Käsezeug schmiegte war nicht wirklich lecker…
Egal, mit Wasser spülten wir das Essen runter und guckten dabei auf die entenglatte Ostsee. Entenglatt? Nee,
Ententeich oder arschglatt! Oh Mann…


 


Um 14:50 Uhr Ortszeit (+1 Stunde) landeten wir im wolkenverhangenen und regnerischen Sankt Petersburg.
Willkommen in Russland! Tom in seinem blauen Pulli, genannt der Schlumpf, machte wieder Stress und die Männer
standen Sekunden nach dem Erlöschen der Anschnallzeichen unnötig im Gang rum. Wir Mädels warteten geduldig,
bis das gesamte Flugzeug leer war und alle entspannt russischen Boden betreten konnten.

Vor den Einreisehäuschen hatten sich lange Schlangen gebildet und wir vertrieben uns die Zeit, indem wir dummes
Zeug quatschten und überlegten, ob der Zollbeamte wohl zu einem Selfie bereit wäre?!
Als ich an der Reihe war, sah der junge Mann mich kaum an und nahm wortlos meinen Reisepass entgegen. Einige
Minuten hackte er auf seiner Tastatur rum und haute dann seinen Stempel auf einen Zettel. Wieder wortlos schob
er mir den Pass über den Tresen zurück und ich konnte gehen. Die anderen wurden zum Teil gefragt, von welchem
Flughafen sie abgeflogen waren oder warum sie dort waren.

Nach guten 35 Minuten war die unkomplizierte Einreise erledigt und wir sechs fanden uns am Kofferband wieder.
Alle Gepäckstücke hatten den Flug zum Glück heile überstanden.

Hinter dem Ankunftsbereich wartete bereits Egor von „Lingotaxi“ mit unserem Namensschild. Freundlich begrüßte
er uns und wir folgten ihm unauffällig zum etwas in die Jahre gekommenen Fahrzeug. Er fragte uns, ob wir zum
ersten Mal St. Petersburg besuchen würden und freute sich, dass die Frage von allen bejaht wurde. Egor sagte,
dass wir unheimliches Glück hätten mit IHM fahren zu dürfen.
Auf der Fahrt zu unserer Unterkunft erzählte er uns dann eine Menge über die Stadt und die Gebäude, an denen wir
vorbeifuhren. Vor allem über den geschichtlichen Hintergrund, die politische Situation und die Architektur. So hatten
wir schon eine kleine Stadtführung, die nur durch Toms Gejammere nach etwas zu trinken unterbrochen wurde.

Um 16:45 Uhr erreichten wir unsere Airbnb-Wohnung, in der Elena bereits auf uns wartete. In dem alten, etwas
heruntergekommenen Haus nahmen wir allerdings die Treppe, der Aufzug war wenig vertrauenerweckend. Tom
weigerte sich strikt da reinzugehen und auch unser Gepäck schleppten wir lieber die zwei Treppen hoch.


 


Elena wirbelte etwas hektisch durch die hellen und sauberen Räume, zeigte uns alles und wollte sogar noch Kaffee
für uns besorgen, als wir nach einer Kaffeemaschine fragten. Dankend lehnten wir ab, das schwarze Pulver konnten
wir auch selber kaufen.
Ansonsten war alles vorhanden. Von Toilettenpapier über Tee bis hin zu Waschmitteltabs und dazu noch alles in
ausreichender Anzahl.


 


Nachdem die Zimmer verteilt waren und wir die gesamte Wohnung begutachtet hatten, legten wir eine
Gemeinschaftskasse an.
Mit russischen Rubel bestückt machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden. Na, zumindest unser Viertel. Als Erstes
fielen mir sofort die Fallrohre der Dächer auf, die nicht wie bei uns im Boden verschwinden, sondern die
Wassermassen direkt auf die Bürgersteige entleerten.


 


 


Wir steuerten erst mal einen Handyladen an, um eine russische Prepaid-Karte zu kaufen. Für 350 Rubel (4,60
Euro) bekamen wir 5 GB. Elli musste dazu nur ihren Reisepass vorzeigen und nach ein wenig Rumklickerei am PC
händigte uns der freundliche Mitarbeiter die Karte aus.


 


Über die Liteyniy Avenue spazierten wir langsam zum ehemaligen KGB-Gebäude. Auf halbem Weg erblickten
unsere hungrigen Augen ein russisches Schnell-Restaurant. Mit ein bisschen englisch und mit den Fingern zeigend,
bestellte Tom Pelmeni und Syrniki. Lili stand eine Kasse weiter und konnte uns nicht helfen. Aber wir schafften die
Bestellung auch alleine.
Die Pelmeni erinnerten uns an mit Markklößchen gefüllte Dim Sum und schmeckten richtig lecker. So eine Art
russische Tortellini. Die kleine Portion kostete 135 Rubel, 1,80 €. Die Syrniki (2 € für drei Stück) sind gebratene
Klöße aus Quarkteig und waren ganz ok, aber uns ein wenig zu fettig.


 


 


 


Das KGB-Gebäude ist ein recht unscheinbarer Betonklotz und wirkte trotz der untergehenden Sonne, die
traumhaftes Licht zauberte, trostlos.


 


Auf der Liteiny-Brücke hieß uns die Stadt auf eine wunderbare Weise willkommen. Die Sonne ging genau hinter der
Peter-und-Paul-Festung unter. Wow!! Was für ein Anblick! Und was für ein Glück, nur 5 Minuten später war sie
hinter den Gebäuden verschwunden.


 


 


 


 


Gemütlich spazierten wir am Fluss Newa entlang. An den Gebäuden wurde die Beleuchtung eingeschaltet, während
die so gut wie verschwundene Sonne alles in ein traumhaftes Licht tauchte und nahtlos in die blaue Stunde überging.


 


Fürs Abendessen hatte ich das „Lounge-Café PAR“ rausgesucht. Zuerst dachten wir, das Restaurant sei
geschlossen, da alles dunkel war. Aber zum Glück machte der Laden nur den Anschein, da sich das eigentliche
Restaurant im ersten Stock befand.

Leider hatten wir nicht reserviert, bekamen aber netterweise einen separaten Raum für uns ganz alleine angeboten.
Im ersten Moment waren wir etwas enttäuscht, da der eigentliche Gastraum sehr gemütlich aussah. In kuscheligen
Nischen standen lauschige Sitzgruppen und die meisten anderen Gäste rauchten eine Shisha. Und genau das war
der Grund, warum wir unseren separaten, rauchfreien Raum später auch so supertoll fanden.

So plumpsten wir auf die weichen Sitzgelegenheiten und bestellten die Karte einmal rauf und runter. Da die Kellnerin
ungefähr genauso viel Englisch sprach wie wir Russisch, war die Speisekarte mit den vielen Bildern von großem
Vorteil. Den Rest konnte zum Glück Lili erledigen.


 


Insgesamt 19 Gerichte musste sich die junge Frau merken. Dem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie nach
der dritten Bestellung bereits aufgegeben und war gedanklich schon im Feierabend! Wir waren sehr gespannt, was
da wohl so an Essen kommen würde?!

Nach ca. 15 Minuten kam das erste Essen zu uns an den Tisch und dann lief es. Ein Gericht nach dem anderen
wurde serviert und bis auf eine Sache von Kay war alles richtig.

Die Pelmeni mit Thunfischfüllung und Teriyaki Soße waren so köstlich, die hätte ich sofort noch einmal bestellen
können. Aber auch der hausgemachte russische Salat und die halbmondförmigen Wareniki schmeckten uns allen
gut. Die gefüllten Teigtaschen (Wareniki) werden in Salzwasser oder Dampf gekocht und sind im Gegensatz zu den
Pelmeni größer und haben eine größere Auswahl an Füllungen.


 


 


Wild probierten wir alles durch und waren sehr zufrieden mit unserer Wahl. Das gute Essen spülten wir traditionell
mit einem Glas Wodka (4 cl für 130 Rubel; 1,70 €) runter. Sehr überrascht waren wir von den Preisen. Eine Cola
0,33 l kostete 170 Rubel (2,20 €), ein Bier 0,5 l lag bei 280 Rubel (3,70 €) und die Hauptspeisen im Durchschnitt
bei 380 Rubel (5 €). Pro Paar mussten wir am Ende 60 € bezahlen und wir waren alle mehr als satt.


 


Gegen 22:30 Uhr verließen wir zufrieden das tolle Restaurant und spazierten zurück zur Wohnung. Dabei bogen
wir selbstverständlich LINKS ab, das war ab nun das neue Rechts. Unter großem Gelächter hatte ich nämlich mit
meinem Arm nach rechts gezeigt und links gesagt. Dieser Running Gag verfolgte uns nun den ganzen Urlaub.

Nachdem wir im kleinen Supermarkt um die Ecke noch etwas Wasser gekauft hatten (Alkohol gab es nur bis
22:00 Uhr), schleppten wir Frauen uns nach oben in unsere Wohnung. Die Männer hatten gegenüber noch einen
schottischen Pub entdeckt und da gab es natürlich kein Halten mehr. Während wir drei oben auf den Betten chillten
und quatschten, tranken Tom, Kay und Jan Guinness und schauten einen Boxkampf im TV an.

Elli und Lili sprangen auch noch rasch unter die Dusche. In unserer Unterkunft gab es zwar vier Zimmer, allerdings
nur zwei Duschen. Das erforderte ein wenig morgendliche Koordination. Und so erledigten die zwei die Waschung
bereits am Abend.

Tom wollte es ihnen zu späterer Stunde gleichtun und verzog sich ins Bad, als die Drei von ihrer Pubtour
zurückkamen. Bereits nach drei Minuten kam er frierend zurück und schimpfte: „Da kommt nur kaltes Wasser aus
dem Hahn! Das war bloß eine Katzenwäsche!“
Na hoffentlich gab es morgen wieder warmes Wasser... Denn das konnte ich überhaupt nicht ausstehen: Kaltes
Duschen!

Erst gegen 1:30 Uhr schlummerten wir alle in unseren gemütlichen Betten.


23.09.

Müde! Was war ich müde! Ich hatte zwar supergut geschlafen, aber eindeutig viel zu wenig. Als der Wecker um
7:30 Uhr schellte, bekam ich meine dicken Augen kaum auf. Aber es half nichts, wir wollten ja was von der Stadt
sehen. Also hievte ich mich aus dem Bett und schlich langsam ins Badezimmer. In der Hoffnung, dass es warmes
Wasser gab, drehte ich vorsichtig den Hahn auf. Und? Nee… Es wurde und wurde einfach nicht warm. Verdammt!
Meine Laune sank auf einen fast unermesslichen Tiefpunkt! Aber wir hatten ja noch eine zweite Dusche. Da der
Rest unserer Bande noch schlief, schlich ich mich ins Bad auf der gegenüberliegenden Seite. Aber auch hier wollte
das Wasser irgendwie nicht richtig warm werden. So begnügte ich mich ebenfalls mit einer Katzenwäsche. *zitter*

Dann, als ich so gut wie fertig war, meinte das Wasser endlich seine Temperatur ändern zu müssen @#&§$%!!!!

Egal, dann stand ich halt einfach so noch ein paar Minuten unter dem Warmwasserstrahl. Was war das herrlich!
Besonders für meinen Nacken war das sehr angenehm. Durch die Rucksacktragerei am Vortag tat er mir doch ein
wenig weh.

Gegen 8:30 Uhr fanden wir uns alle auf einen Kaffee in unserer kleinen Küche ein.
Eigentlich wollten wir 10 Minuten später los. So ganz klappte das nicht… Um kurz vor 9:00 Uhr waren dann endlich
alle soweit angezogen, Portemonnaies verpackt und Powerbanks eingesteckt.
Ein eiskalter Wind empfing uns vor der Tür! Uaah!!! Sibirischer Winter!!! Und ich hatte meine dicke Jacke zuhause
gelassen….

Über die recht leeren Straßen spazierten wir Richtung Innenstadt. Während Jan jede Taube persönlich begrüßte,
schaute der Rest sich lieber die teilweise wunderschönen Häuser an. Einzig die unzähligen Stromkabel störten
etwas den Anblick.


 


 


 


Im „Mechtateli“ ließen wir uns zum Frühstücken nieder. Die Einrichtung war minimalistisch, die weiß gestrichenen
Ziegelsteinwände passten super zum grauen Betonboden. Aber auch die Toilette war sehenswert, wenngleich es
nur eine gab. Aber das war anscheinend in Sankt Petersburg gang und gäbe. Die klassische Männer-/Frauen-
Trennung erlebten wir so gut wie nie.


 


An einem großen Holztisch in der Mitte fanden wir ein Plätzchen und bestellten von der englischen Karte.

Da die Syrniki gestern im Schnellimbiss nicht so wirklich gut waren, testete ich sie an diesem Morgen noch mal.
Tom und Kay bestellten Rührei und Elli und Lili ließen sich Oladji (Russische Pancakes) schmecken. Meine Syrniki
waren mit denen von gestern überhaupt nicht zu vergleichen. Die waren total fluffig und gar nicht so fettig wie die
vom Vortag. Auch die anderen Leckereien waren richtig gut und dazu gab es noch einen grandiosen Kaffee. Yummy!


 


Satt verließen wir um 10:30 Uhr den Laden und liefen am Fluss „Fontanke“ entlang zum 4,5 Kilometer langen
„Newski-Prospekt“, der Prachtstraße in Sankt Petersburg. 


 


 


 


Vor dem Feinkostgeschäft „Magazin Kuptsov Yeliseyevykh“ („Gesundheit!“) blieben wir mit großen Augen stehen.
Das wunderschöne Jugendstilhaus ist von außen schon umwerfend. Im Innern erwartete uns ein üppiges Interieur,
leise Klimpermusik und unzählige Vitrinen und Regale mit allerhand Delikatessen. Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst
hinschauen sollte. So ziemlich alles hätten wir kaufen können. Wären wir doch nur mit dem Auto da! Aber so blieb
uns nur der sehnsüchtige Blick auf die kleinen essbaren Kunstwerke.


 


 


 


 


 


Schräg gegenüber vom Feinkostgeschäft befindet sich die Haltestelle der Hop-On, Hop-Off Busse. Für 900 Rubel
(11,80 €) pro Person enterten wir einen der roten Busse und setzten uns nach oben. Dass das obere Deck offen
war, interessierte da noch niemanden. Als es dann aber losging, zogen wir die Kapuzen tief ins Gesicht und die
Jacken bis oben hin zu. Mensch, was war das arschkalt!


 


Mit dem deutschen Audioguide im Ohr fuhren wir an so ziemlich allen Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei.


 


 


 


 


 


 


 


An Haltestelle 12, an der Peter-und-Paul-Festung, verließen wir schließlich den offenen Kühlschrank und liefen zu
Fuß weiter. Maps.me führte uns über einen Trampelpfad an einem kleinen Kanal entlang. Die Sonne wärmte uns
dabei etwas, war das schön!


 


Im Park gibt es ein kleines Freilichtmuseum mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Mit einem Maßstab von 1:33
fühlte ich mich ein wenig wie Alice im Wunderland.


 


Auf dem weiteren Weg lag ein kleines Einkaufszentrum, welches wir für einen kurzen Toilettenbesuch betraten. An
einer Kaffeebude kauften wir auch noch etwas zu trinken und ich lachte mich halb tot, als ich Kays Portemonnaie
sah, welches eigentlich nur der Umschlag war, in dem er die russischen Rubel von der Bank bekommen hatte.

Bevor wir den Markt „Sytni Rynok“ erreichten, fing es leider an zu regnen. Zum Glück war es nicht mehr weit und
wir huschten rasch in die Markthalle. Lili zeigte uns ein paar typische russische Leckereien und neben Gurken
wanderte auch noch Halva in unseren Rucksack. Halva ist eine Süßware aus Zentralasien und Indien. Sie wird von
Region zu Region unterschiedlich hergestellt. Die Grundmasse besteht aber immer aus Ölsamen und Zucker,
manchmal auch Honig. In Russland sind es immer Sonnenblumenkerne, die zu einem Mus verarbeitet werden.


 


 


 


 


 


 


 


 


Durch den Park spazierten wir zurück zur Peter-und-Paul-Festung. Sie wurde 1703 errichtet, war eines der
berüchtigtsten Gefängnisse des Zarenreiches und beherbergt heute einige Museen. Die Sonne kam zum Vorschein
und wir waren total begeistert vom schönen Panoramablick über die Newa.


 


 


 


In der Festung war es voll. Viele Touristengruppen liefen mit ihren mit Fähnchen wackelnden Guides durch die Anlage. 


 


Wir schossen lustige Selfies vor der Peter-und-Paul-Kathedrale, auf deren goldener Turmspitze sich eine Windfahne
in Form eines Engels befindet. Mit ihrer Höhe von 122,5 Metern war sie lange Zeit das höchste Gebäude der Stadt.
Bis 1962 der hässliche Fernsehturm errichtet wurde.


 


 


Für 450 Rubel (5,90 €) pro Person besichtigten wir die Kirche auch von innen. Die meisten der russischen Zaren
sind dort beigesetzt. So auch Nikolaus II., der letzte Kaiser des Russischen Reiches. Er wurde mit seiner Familie
1918 ermordet und erst im Jahr 1979 fand man die Gebeine und setzte ihn und seine Familie 1998 in der
Kathedrale bei.


 


 


Neben dem ganzen Prunk, den Särgen aus weißem Marmor und der wunderschönen Deckenbemalung fiel mein
Blick direkt auf die kleine süße Katze, die auf einer der wenigen Bänke lag und friedlich schlief.


 


Dann wurde es Zeit für den Strand. Ja, Sankt Petersburg hat einen kleinen Sandstrand. Bei dem schönen Wetter
hätten wir uns eigentlich auch eine Weile ans Ufer legen können?!


 


 


 


Stattdessen spazierten wir weiter rüber zur Wassiljewski-Insel. Elli wollte auf dem Weg etwas über Russland
erzählen und wurde dabei von irgendeinem von uns unterbrochen. Anmerkung von Elli: Wie so oft in diesen
Tagen... ;-)
.
Die spätere Frage „Was war jetzt eigentlich mit Russland?“ entwickelte sich zu einem weiteren Running Gag und
ließ uns den ganzen Urlaub nicht mehr los. Beantwortet wurde sie allerdings nie!


 


 


 


 


So langsam waren unsere Blasen voll und wir suchten dringend eine Toilette. Die fanden wir an einem etwas
ungewöhnlichen Ort, einem umgebauten Bus. Für 30 Rubel (0,40 €) konnten wir am Eingang Toilettenpapier von
der Rolle nehmen und uns dann eine der 7 Mini-Kabinen aussuchen. Die Seitenwände waren dermaßen niedrig, dass
Lili und ich uns beim Minustanken sehen konnten. Zu lustig! Wildes Gelächter drang aus dem Bus nach außen.


 


 


An der nächsten Ecke stillten wir unseren Hunger mit Hefeteigtaschen (Piroggen). Als Füllung gab es Spinat,
Kartoffeln, Würstchen oder Apfel-Zimt. Alles saulecker!


 


So gut gestärkt schafften wir auch die über 200 Stufen auf die Aussichtsplattform auf der Kolonnade der
Isaakskathedrale. Na, ein bisschen aus der Puste war ich schon. Ächz!! Die Wendeltreppe hatte es ganz schön in
sich.
Aber der fantastische Ausblick von oben entschädigte für die Anstrengung. Ganz Sankt Petersburg lag uns zu
Füßen. Die Kirche ist mit ihren 101,50 Metern immerhin die größte Kirche Sankt Petersburgs und einer der größten
sakralen Kuppelbauten der Welt.


 


 


 


 


 


 


 


Um ins Museum / in die Kirche zu kommen, mussten wir noch einmal 250 Rubel pP (3,30 €) bezahlen. Da Kay
keine große Lust hatte, betraten wir das mächtige Bauwerk nur zu fünft. Wow, schon allein die Größe ist sehr
beeindruckend, es sollen mehr als 10.000 Menschen darin Platz finden. Dann die gigantisch hohen Decken und die
reich verzierten Gewölbe ließen uns aus dem Staunen nicht herauskommen.


 


 


Gute 600 Meter liefen wir dann weiter zum Wodkamuseum. Der Einritt pro Person inklusive Audioguide und
Wodkatasting betrug 750 Rubel, umgerechnet knapp 10 €.
Mit dem Audioguide bewaffnet schlichen wir in Ruhe durch die Ausstellung. Bis sechs deutsche Touristen in den
Raum gestürmt kamen und sich benahmen, als wenn sie 12 Jahre alt wären. Obwohl, wenn ich so überlege…
12-jährige haben ein deutlich besseres Benehmen!
Laut bölkten sie herum und erst Ellis Aufforderung, doch bitte etwas leiser zu reden, sie würde die Stimme im
Audioguide nicht verstehen, ließ sie etwas verstummen. Das Ganze aber auch eher missbilligend und mit einem
blöden Kommentar behaftet. „Sie hatten nämlich keinen Guide mehr bekommen!“ Karma…!


 


 


Nach etwa der Hälfte der sehr witzigen Erzählzeit des Herrn Audioguide klinkte ich mich aus und ging schon mal in
den Nebenraum. Für den heutigen Tag war ich genug gefüllt mit Informationen.
Die Mitte 50-jährigen (nur dem Aussehen nach zu urteilen) Vollidioten folgten mir leider nur kurze Zeit später.
Lautstark laberten sie wieder irgendeinen Mist!
Auf einem der Stehtische hatte die freundliche Mitarbeiterin bereits unser bestelltes, reserviertes und bezahltes
Tasting bereitgestellt. 6 x 3 Gläser Wodka und 6 x 3 Tellerchen mit Häppchen.
Die niveaulosen sechs Deutschen schlichen mit großen Augen um UNSEREN Stehtisch rum und plötzlich stellte der
Oberhonk sich dorthin und grölte: „Hey, kommt her! Hier ist unser Tisch, der ist bestimmt für uns!“ „Nee, das ist
unser Tisch! Aber macht ihr mal. Jeder blamiert sich halt so gut er kann.“ dachte ich nur und drehte mich grinsend
weg.

Als sie die ersten Gläser geleert hatten, kamen Tom und die anderen in den Raum. Lili ging zur Theke und fragte
nach unserem Tasting. Mit großen Augen ging die Mitarbeiterin zu den Idioten und wies sie zurecht. Freundlich,
aber doch sehr bestimmt. Milde lächelnd schauten wir dem Ganzen zu.

Unser Tasting wurde dann noch einmal frisch zubereitet und dann ging es los. Runter mit dem Zeug! Wodka und
Häppchen, immer schön abwechselnd. Uih! Nach den drei Gläsern hatte ich aber gut die Lampe an! Das Speckzeug
war ganz ok, aber der Senf auf dem Brot war mir zu scharf. Die Gurke fand ich zu sauer, einzig die Fischhäppchen
schmeckten mir richtig gut.


 


 


Kichernd lief ich anschließend hinter den anderen her. Heijaeijei!!
Zum Abendessen hatten wir uns das Restaurant „The Idiot" rausgesucht. Um 19:15 Uhr standen wir dort vor der
Tür und bekamen leider keinen Tisch. In einer Stunde sei aber etwas frei und wir sollten doch dann wiederkommen.

Ok, so spazierten wir weiter die Straße entlang und kauften in einem kleinen Supermarkt Wodka (nicht schon
wieder…), Brot, Fisch, Bier und Schokolade. Mal ein so richtig nahrhaftes Essen! Ob der Fisch nicht abgelaufen war,
da war ich mir nicht so sicher. Immerhin war er runtergesetzt und Lilis Erklärung, dass das Datum bestimmt das
Verpackungsdatum sei, überzeugte mich nicht wirklich.
Aber das dunkle Brot war süß, da war ich mir ganz sicher! Denn das sah genauso aus wie das süßlich schmeckende
Brot in Island. Jan schüttelte nur verständnislos den Kopf und packte das komplett russisch beschriftete Brot in den
Korb. Was gebt ihr mir auch Wodka!?!!?


 


Bis 20:15 Uhr trieben wir uns noch ein wenig auf der Straße rum. Im „The Idiot“ wartete dann ein freier Tisch auf
uns. Leider aber auch eine nicht ganz komplette Speisekarte. Fünf der gewünschten Hauptspeisen waren aus!
Boah, mir schwoll der Kamm! Das hätten sie uns auch vor einer Stunde schon sagen können. Dann wären wir
nämlich in ein anderes Restaurant gegangen. So schmollte ich zwei Minuten und nahm schließlich was Anderes!
Auch der Rest der Truppe fand zum Glück Alternativen.

Bis die Speisen dann kamen, dauerte es eine ganze Weile. Dann waren die Teller recht übersichtlich bestückt und
etwas freundlicher hätte die Bedienung auch sein können. Insgesamt muss ich dort nicht noch einmal hin.

Mit einem bestellten Taxi (725 Rubel; 9,50 €) düsten wir um 22:30 Uhr zurück zur Unterkunft. Erschrocken
stellten Tom und ich dort fest, dass wir schon 270 Euro ausgegeben hatten!! Krass! Wo war nur das Geld
geblieben? Mitten in unseren Überlegungen kam Elli um die Ecke und erzählte mit großen Augen, dass sie schon die
Hälfte ihrer 500 Euro Taschengeld ausgegeben hatte! *Gröl*

In unserer Küche gab es dann ein zweites kleines Abendessen. Wodka mit Brot und Fisch!! Mit viel Spaß
vernichteten wir alles restlos, feierten in Toms und meinen 20. Hochzeitstag rein und krabbelten schließlich
hundemüde gegen 1:00 Uhr ins Bett!


 


 



24.09.

Um kurz nach 9:00 Uhr starteten wir alle recht fit in den Tag. Die Straßen waren deutlich voller als noch am Vortag.
Heute war Montag! Vorbei an den hektischen Menschen, die wild umherwusselten, bahnten wir uns den Weg zur
U-Bahn-Station. Ganz entspannt liefen wir aber erst zweimal daran vorbei…
Aber dann fanden wir sie doch und huschten durch die Metalldetektoren in die Halle. Ob sie die nach dem Anschlag
von 2015 errichtet hatten?

An den Automaten (auch in deutscher Sprache) dort gab es leider nur Einzeltickets zu kaufen. So holte Lili am
Schalter Tickets für uns (je 10 Fahrten für 355 Rubel (4,70 €), gültig für 7 Tage). Also sie wollte die holen! Erst im
dritten Anlauf klappte es. Die wirklich unfreundliche Schalterdame war in keinster Weise dazu bereit Lili zu erklären,
warum sie pro Karte 65 Rubel (0,85 €) mehr haben wollte, als es auf der Tafel an der Wand stand.
Erst eine ältere Dame in der Schlange hinter Lili zeigte ihr ihre Karte und gab zu verstehen, dass man die auch
kaufen müsste, quasi wie eine immer wieder aufzuladende Karte. Diese dann einfach auf das Lesegerät legen und
schon gibt das Drehkreuz den Weg in den Untergrund frei.


 


 


Nach 15 Minuten durften auch wir dann endlich abtauchen. Krass!! Wie steil und tief die Rolltreppe nach unten
führte! Achtung, auf der Rolltreppe immer rechts stehen und links gehen!
Ein warmer nach Abgasen riechender Wind blies uns ins Gesicht als wir unten ankamen. Dieser typische U-Bahn-
Geruch stieg uns in die Nase. Bäh!


 


Die Bahn an sich war recht voll und beim Einsteigen wäre Elli fest zerquetscht worden, da die Türen sich plötzlich
ohne große Vorwarnung schlossen.

An der Station „Puschkinskaja“ stiegen wir um. Sie ist dem russischen Dichter Alexander Puschkin gewidmet. Wie
man unschwer an der großen Statue am Ende der Station sehen kann. Wirklich beeindruckend, dass das eine
U-Bahn-Station ist. Die gewölbte und toll beleuchtete Decke mit den goldenen Verzierungen an der Seite hätte auch
der Eingang in ein Kunstmuseum oder in einen Palast sein können.


 


An der Station „Admiralteyskaya“ endete unsere Fahrt und wir waren in der zweittiefsten Station der Welt
angekommen (die tiefste befindet sich übrigens in Kiew). Sie liegt 86 Meter unter der Erde und ist der Seefahrt
gewidmet. Am Ende der Station befindet sich ein schönes Mosaik und zwischen den Säulen gibt es verschiedene
Porträts einiger Seemänner zu bestaunen. 


 


Über die mit einer Länge von 137 Metern längste Rolltreppe der Welt ging es wieder an die Oberfläche. Die „Fahrt“
dauerte ganze 3 Minuten und 14 Sekunden!


 


 


Direkt um die Ecke kehrten wir ins gemütliche Café „Bushe“ ein. Frühstückszeit!! Mit ein bisschen Englisch und
einem Fingerzeig auf die Bilder der Karte klappte es auch mit der Bestellung. Nur leider nicht bei Lili… Sie war nicht
ganz glücklich mit ihrem Hüttenkäse, den sie eigentlich auch nicht bestellt hatte. So musste, nach ihrem daraufhin
verzerrten Omelette noch ein Schüsselchen Milchreis mit Früchten her. Die Früchte hatte Kay beim Bestellen aber
vergessen zu erwähnen… Oh je, das lief an diesem Morgen mal so gar nicht für Lili.


 


 


Dennoch verließen wir alle zufrieden die Bäckerei und spazierten zum „Newski-Prospekt“, der berühmten
Einkaufsstraße der Stadt.


 


 


 


In einer Seitenstraße begaben wir uns auf eine Zeitreise in die ehemalige UdSSR. Im kleinen unscheinbaren Café
„Pyshechnaya“ ist die Zeit stehengeblieben. Die Einrichtung ist kahl und die Bistrotische laden nicht gerade zum
Verweilen ein.


 


Außer den fettigen russischen Donuts “Pischki“ (Stück 20 Rubel; 0,25 €) und einer kleinen Getränkeauswahl gibt
es in dem Café nichts. Die Tische klebten vom Puderzucker der Pischki und auch die Tassen und Teller waren
schmierig. Der Kaffee und der Tee (je 0,40 €) waren vorgesüßt und erzeugten bei Elli und Lili nur ein Schaudern.
Zudem gab es keine Servietten, nur Papierstücke, wahrscheinlich um die schmierigen Sachen anzufassen. Nee, das
Café „Pyshechnaya“ muss man wirklich nicht gesehen haben.


 


Eine Straße weiter sahen wir schon von Weitem die prunkvolle Auferstehungskirche, auch Blutkirche oder
Erlöserkirche genannt. Erbaut wurde sie an der Stelle, an der Alexander II. 1881 einem Attentat zum Opfer gefallen
war.


 


Auf dem Weg zur Kirche sprach uns ein aus der Zeit des Barock verkleidetes Pärchen an. Sie boten an ein Foto
von uns Sechsen zu machen. Wohlgemerkt mit unserem Handy. Gemeinsam machten wir danach auch noch ein
Bild mit den Beiden zusammen.
Mir war ja schon klar, dass sie Geld dafür haben wollten. Das sollten sie auch bekommen, aber 500 Rubel (6,50 €)
pro Person für ein Foto war echt eine Frechheit! „Fixpreise“ haben sie es genannt! Wir gaben beiden 1000 Rubel
und zogen unter ihrem Protest weiter. 

Vor der Kirche mussten wir alle dringend auf die Toilette. Die ältere Klofrau dort war derart unfreundlich und
schlecht gelaunt. So etwas habe ich überhaupt noch nicht erlebt.

Dafür war die Kirche unfassbar schön. Mit ihren bunten Zwiebeltürmen und den vielen schon fast kitschigen Details
wussten wir gar nicht, wo wir zuerst hingucken sollten.


 


 


 


Im Innern leuchteten die unzähligen Mosaike in der Sonne, die durch die Fenster schien. Wir standen nur staunend
da, schauten schweigend nach oben und bewunderten fasziniert die farbenfrohen Decken und Wände.


 


 


 


 


Ein kleines Stück spazierten wir durch den Park direkt neben der Kirche. Tom gönnte sich einen Espresso an einer
der vielen kleinen Buden, die überall in der Stadt zu finden sind. Im Schatten der großen Bäume schrieb ich kurz mit
Svetlana und besprach unseren spontan gebuchten Ausflug zum Katharinenpalast.


 


 


Das Spielautomatenmuseum war unser nächstes Ziel. Im Eintrittspreis enthalten sind 15 Münzen, mit denen man
die leuchtenden Automaten bespielen kann. Die Jungs hatten ihren Spaß, aber auch der weibliche Teil unserer
Truppe fand es gut. Schade war nur, dass die Auswahl etwas begrenzt war.


 


 


 


 


 


Nachdem so gut wie alle Münzen verzockt waren, machten Tom und ich noch neue „Hochzeitsfotos" in einem
Fotoautomaten.

Über den vollen „Newski-Prospekt“ bummelten wir weiter.


 


 


Gegen den Hunger besuchten wir das gemütliche Restaurant „Pelmenya", wo es nur diese köstlichen Teigtaschen in
allen möglichen Varianten gibt! Ob nun die klassischen Pelmeni oder Ravioli mit Spinat und Ricotta oder Khanum mit
Kürbis und Huhn oder Varenyky mit Kirschfüllung… Ich war im Teigtaschenhimmel angekommen! Alles war
superköstlich!


 


 


Nur einige Meter weiter besuchten wir das Fabergé Museum (450 Rubel; 6 €). Der Goldschmied Peter Carl Fabergé
ist berühmt für seine Eier. *muhahaha* Ich glaube, das kann ich so nicht schreiben?! Für seine Ostereier natürlich!
Spätestens seit dem Film „Ocean’s 12“ kennt fast jeder die hübschen Schmuckgegenstände in Form von Ostereiern.


 


Aber das Museum hat noch mehr zu bieten. Feingearbeitete Schatullen, goldene Teeservices, emaillierte
Zigarettenetuis, Gemälde und so vieles mehr. Uns faszinierten allerdings nur die Ostereier und ihre
außergewöhnlichen Mechanismen. Im goldenen Krönungs-Ei befindet sich zum Beispiel eine kleine Kutsche oder
aus dem Maiglöckchen-Ei kommen drei Miniaturporträts, wenn man an einem Knopf dreht.


 


 


Gegen 19:00 Uhr schlichen wir langsam Richtung Unterkunft. Auf dem Weg kehrten wir in diverse Bars ein und
aßen auch noch eine Kleinigkeit. Ein großes Abendessen brauchten wir nicht mehr, waren wir doch noch alle gut von
den leckeren Teigtaschen gesättigt.


 


 


Müde von der ganzen Lauferei der letzten 2 Tage, lagen wir bereits um kurz nach 23:00 Uhr im Bett.


25.09.

Als der Wecker um 7:00 Uhr schellte, war ich völlig gerädert. Mit dicken Augen fand ich kaum mein Handy, um es
auszumachen. Tom schnarchte noch tief und fest, als ich mich leise ins Badezimmer schlich und duschte.
Erst als ich in unserem Zimmer das Fenster öffnete und die eiskalte Morgenluft hereinströmte, erwachten meine
Lebensgeister. Die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel und ich freute mich auf einen erneuten Tag in der
Stadt. Während sich auch so langsam die anderen fünf bemerkbar machten, schlürfte ich in der Küche bereits
meinen Cappuccino.


 


Schon um kurz vor 8:30 Uhr waren wir unterwegs und liefen zur U-Bahn-Station. Wir fuhren dieselbe Strecke wie
am Vortag, verloren nur an der ersten Bahn Lili. Die Züge waren so brechend voll, da passte selbst die Kleinste von
uns nicht mehr rein. An der Station „Puschkinskaja“ waren wir dann aber wieder vollständig. Da die Metro ca. alle
30 Sekunden fährt, war das auch kein großes Problem.


 


Unser Frühstück wollten wir eigentlich bei „Shtolle“ einnehmen, aber die Auslage haute uns nicht wirklich vom
Hocker. Zumindest nicht zum Frühstücken.
So zogen wir ein Häuschen weiter ins schräg gegenüberliegende Café “Shokoladnitsa“. Die russische Speisekarte
übersetzen wir mit Hilfe der Übersetzer-App, bestellten dann aber lieber per Bilderauswahl. Denn
„Schweißgeschmack mit Gurrante“ wollten wir doch lieber nicht essen! Blöde App!

Pünktlich um 10:30 Uhr trafen wir uns mit Svetlana an der Alexandersäule in der Mitte des Palastplatzes.


 


 


 


 


 


Freundlich begrüßte sie uns mit ihrem tollen russischen Akzent und fing sofort an zu erzählen. Eine Fülle an
interessanten Informationen prasselte auf uns ein. Die Eremitage ist eines der größten und bedeutendsten
Kunstmuseen der Welt. Fast 3 Million Gegenstände befinden sich dort. Würde man sich jedes nur eine Minute lang
ansehen, bräuchte man insgesamt 8 Jahre!
 
Aufgrund der vielen Mäuse in dem alten Gemäuer gibt es dort über 200 Katzen, die die besten Angestellten sind (so
etwas kann ich mir natürlich merken)!
Nachdem wir unsere Jacken abgegeben hatten, mussten wir durch eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. Die
Taschen wurden durchleuchtet und wir gingen durch einen Detektor.

Und dann ging sie los, unsere Kultur-Reise. Eigentlich sind Tom und ich jetzt nicht so die Kunstliebhaber. Und
Museen… na ja, müssen eigentlich auch nicht unbedingt sein. Aber vor den Bildern von Rembrandt, Rubens, Raffael
und Leonardo da Vinci zu stehen, ist schon beeindruckend.


 


 


 


 


Dazu eine Skulptur von Michelangelo zu bestaunen und eine ägyptische Mumie zu bewundern, das hat schon was.
Das Bauwerk strotzt nur so vor Prunk und das Ausmaß an Reichtum des russischen Adels ist mehr als deutlich
spürbar.


 


 


 


 


 


In einem der vielen Säle machte uns Svetlana auf drei Männer aufmerksam. Die Drei sind bereits als Taschendiebe
bekannt und fassungslos konnten wir genau beobachten, wie sie sich an den Taschen der Japaner zu schaffen
machten. Unglaublich, dass sie so „öffentlich“ ihr Unwesen treiben können.

Um kurz nach 14:00 Uhr verließen wir die Eremitage und spazierten zu „Shtolle“ rüber, zum Mittagessen. Denn
dafür war die Auslage perfekt. Darin lagen Piroggen mit den unterschiedlichsten Füllungen. Man kann auswählen
zwischen Fisch, Fleisch und Gemüse. Zusätzlich gibt es auch süße Füllungen wie zum Beispiel Apfel-Zimt.
Die ofenfrischen Piroggen schmeckten uns richtig gut. Der süßliche Teig in Verbindung mit Lachs und Brokkoli –
köstlich. „Apfel-Zimt“ probierten Tom und ich auch, wobei mir die süß/herzhafte Kombination besser schmeckte
als die süß/süße.


 


 


Um 16:00 Uhr startete dann unsere bei Svetlana gebuchte Bootstour mit deutschem Audioguide. In mehrere
Wolldecken gehüllt hockten wir auf den von der Sonne ausgeblichenen roten Plastikstühlen an Deck. Rein wollte
bei dem schönen Wetter niemand. Gegen den eiskalten Wind zogen wir die Kapuzen und die Decken bis ins
Gesicht. So sah man Jans Miesepetergesicht wenigstens nicht. Er konnte Bootsfahren nicht leiden und hatte
außerdem Angst, dass ihm schlecht werden würde…


 


Gemütlich schipperten wir über die Newa und ein wenig durch die Kanäle. Einige Male mussten die großen Männer
etwas den Kopf einziehen. Die Brücken waren aber auch verdammt niedrig!


 


 


 


 


Dazu gab es viele interessante Infos aufs Ohr. Die Männer schliefen zwar zwischendurch ein, fanden es aber
trotzdem ganz nett und „stritten" sich wie die kleinen Kinder um die roten Decken…


 


Ziemlich durchgefroren hatten wir nach einer Stunde wieder festen Boden unter den Füßen. Zum Aufwärmen gingen
wir ins „Dachniki“. Das Kellerrestaurant war richtig gemütlich. Die Musik war zwar sehr gewöhnungsbedürftig, aber
das urige Ambiente entschädigte. Während Dieter Bohlen sich gesanglich mit russischer Volksmusik abwechselte,
wärmten wir uns mit Tee, Wodka und heißen Suppen.


 


Die Bedienung war freundlich, auch wenn sie kurz am Nebentisch über uns „lästerte“. Blöd, wenn von den
deutschen Touristen eine Russisch versteht. *hahaha*

Dann noch schnell auf die Frauen- und Damentoilette („Äh… Lili, hast du die Männer gedanklich bereits
abgeschrieben?“), auf der aus Lautsprechern Froschgequake zu hören war und weg waren wir wieder.

Mit der U-Bahn düsten wir nur eine Station weiter. Die mit roten Mosaiken verkleidete „Mayakovskaya“ hat eine
Besonderheit, die wir so auch noch nicht gesehen hatten. Sie hat automatische Bahngleistüren, die sich erst öffnen,
wenn die Metro angekommen ist. Wie die Menschen so vor den Türen standen… Irgendwie erinnerte mich die
Situation an eine Szene bei „Harry Potter“. Wie die Zauberer im Ministerium in den Kaminen verschwanden…


 


Zu Fuß ging es dann zum Restaurant „Der-Name-darf-aus-Sicherheitsgründen-nicht-genannt-werden".
Beim Betreten verließ gleichzeitig ein gutgekleideter Chinese hastig das Lokal. Drinnen wurden wir freundlich
begrüßt und die Jacken nahm der junge Mann uns sofort ab und hing sie in einen Schrank. Dann führte er uns in
einen separaten Raum. Wir wollten aber lieber im großen Speisezimmer essen, dort wo mehr Leben war. Zu
unserer Verwunderung war das Lokal aber menschenleer.

Der Raum erinnerte mich total an das Wohnzimmer meiner Großeltern. Ein dicker Teppich lag auf dem Boden,
Eichenholz-Möbel standen neben einem Klavier, die Tische waren schick eingedeckt, leise Klimpermusik drang in
unsere Ohren und an der Wand hing ein Fernseher, in dem ein Kaminfeuer in Endlosschleife lief.

Etwas zögerlich ließen wir uns auf den gepolsterten Stühlen nieder und schauten uns irritiert um. Der kantige Kellner
nahm unsere Bestellung entgegen. Auf die Frage nach einer Getränkekarte, ging er zum Glasschrank, holte die
einzige Flasche Rotwein raus, die dort stand und hielt sie uns zusammen mit einer Flasche Weißwein hin.

„Nein, wir möchten keinen Wein. Gibt es vielleicht Bier, Cola oder so etwas?“ entgegnete Jan. Etwas empört
antwortet er: „Wir sind ein russisches Restaurant. Wir haben nur Wein, Wodka, Cranberrysaft und Wasser.“
„Ooook… Wir nehmen den Saft mit Wasser. Bitte!“ „Es gibt aber nur stilles Wasser!“ „Egal, nehmen wir…“

Mit einer perfekten Etikette brachte er uns die Getränke, einen Gruß aus der Küche und die leckeren Vorspeisen.
Zwischendurch verschwand er mit leeren Händen immer wieder in einem kleinen Nebenraum und wir überlegten in
der Zwischenzeit, was hier nicht stimmte?! Alles erschien perfekt und dann gab es keine Getränkeauswahl und
keine Gäste und dann immer wieder dieses kurze Verschwinden?!
Ob das wohl ein Restaurant der Mafia war?! Wie sollten wir dort nur lebend rauskommen? Vielleicht setzte ich
schon mal einen provisorischen Notruf per WhatsApp ab?? Irgendwie hatte das alles ein ganz komisches Ambiente.
Vielleicht auch, weil es sooo ruhig dort drin war und wir gerade noch in der quirligen Stadt unterwegs gewesen
waren?!

Aber lustig war es ja schon! Kichernd steigerten wir uns etwas in die Situation rein und suchten unterm Tisch
erfolglos nach versteckten Pistolen. Hoffentlich mussten wir nicht die Gläser kaputtschlagen und die Stiele als
Waffen benutzen?! Und egal wie hoch die Rechnung am Ende ausfallen würde, wir wollten keine Fragen stellen und
alles einfach bar bezahlen!! Aber auf keinen Fall mit Kreditkarte!!

Die Hauptspeisen waren ebenfalls lecker und wurden sogar mit einer silbernen Haube serviert. Allerdings war das
Bœuf Stroganoff mal so ganz anders als erwartet… Lili und mir war das Fleisch etwas zu roh, unsere Männer
fanden es hingegen super. Höhlenmenschen…! 


 


Nach dem Bezahlen verabschiedete uns der Kellner mit einem deutschen „Auf Wiedersehen“ und kniff Elli auch
noch ein Auge zu. OMG!! Hatte er uns die ganze Zeit über verstanden?? Nix wie raus hier! Lachend und was viel
wichtiger war, LEBEND verließen wir wieder das Lokal. Auf die Geschichte brauchten wir erst mal einen Wodka oder
zwei oder besser drei und spazierten durch die nächtlichen Straßen zur Bar „Orthodox“.

Dort gab es mal abgedrehte Cocktails. Mit Knoblauch, Karamell, Tintenfischtinte oder Eiweiß. Mal mehr und mal
weniger lecker!


 


Es war der feuchtfröhlichste Abend des gesamten Trips, was hatten wir für einen Spaß! Die Karte wurde rauf und
runter getrunken. Wodka mit Gurke, Wodka mit Fisch und Wodka mit Kirsche waren der Renner. Einzig der Wodka
mit Rettich ging mal so gar nicht und der war auch der absolute Abschlussknall! Danach wollte niemand mehr so
recht etwas trinken. Aber der fürchterliche Geschmack musste doch weg! Also noch einen Wodka mit Kirsche und
dann war aber Schluss!!


 


 


Irgendwann gegen 1:00 Uhr nachts torkelten wir langsam Richtung Unterkunft. Bis Jan die tolle Idee hatte, sich
doch noch die hochgeklappten Brücken der Stadt anzuschauen. Lili, Tom und ich waren dazu aber irgendwie nicht
wirklich mehr in der Lage, bzw. hatten wir überhaupt keine Lust und wollten nur noch ins Bett. So teilte sich die
Gruppe. Drei gingen nach links (das neue Rechts) und die anderen Drei marschierten zur Unterkunft.

Anmerkung von Elli:
Wir machten uns nun auf den Weg zu dem großen Event der nächtlichen Brückenöffnungen. Von Anfang Mai bis
Mitte November wird Sankt Petersburg jede Nacht in zwei Teile geteilt. Alle 13 Brücken die über dem wunder-
schönen Newa Fluss liegen öffnen sich für mindestens 4 Stunden um die großen Schiffe durchfahren zu lassen. Das
ganze Spektakel kann man sich entweder auf dem Fluss selbst anschauen in dem man eine Bootstour mitmacht,
oder aber man sucht sich eine Brücke aus und erlebt vor Ort wie sich beide Hälften in Richtung Himmel erheben.
Während wir also so daher schlenderten, für die Menge an Wodka recht geradeaus wie ich finde und in unsere
Gespräche vertieft waren, stoppte Jan plötzlich und starrte nur noch geradeaus. „Ääh, guckt mal bitte!“ forderte er
uns etwas ungläubig auf. Als Kay und ich auch in die Richtung schauten war klar: Wir sind da! Vor uns erhob sich
ein komplettes Stück Straße, samt Schildern und Brüstung. Was für ein Bild! Das war doch nicht der Wodka...??!
Schon fast etwas ehrfürchtig näherten wir uns der aufgestellten Brücke. Von weitem konnten wir noch zwei
weitere, ebenfalls geöffnete Brücken sehen und die Schiffe die mitten durch fuhren. Schön!


 


 


 


Schon bei der Planung habe ich mit diesem Event geliebäugelt, umso glücklicher war ich in diesem Moment es
miterleben zu können. Übrigens: Sankt Petersburg wird aufgrund der hohen Anzahl an Brücken auch liebevoll das
„Venedig des Ostens“ genannt. Allein in dem Stadtgebiet existieren laut Angaben der Stadtverwaltung 580
Brücken, wenn man die der Vororte mitzählt kommt man auf 800!
Nun ja, jetzt war es aber doch schon arg spät geworden, so dass wir den Weg Richtung Unterkunft antraten.
Nachdem wir bereits laaaange gelaufen waren, fiel uns auf, dass uns so gar nichts richtig bekannt vorkam. Nach
einem Blick in die Karte war klar, wir liefen in die falsche Richtung. Das war definitiv der Wodka!!

Gegen 4:00 Uhr kamen auch sie heile in unserer Unterkunft an. Während wir schon lange im Land der Träume
waren, plumpsten sie auch ins kuschelige Bett und schliefen etwas durchgefroren aber selig ein.


26.09.

Auch an unserem letzten Morgen in Sankt Petersburg schien die Sonne durch die Fensterscheiben auf mein Bett.
Auch wenn es sich im Laufe des Tages zuziehen sollte, freute ich mich doch über diese nette Weckung.

Der Rest war auch schon mehr oder weniger fit und gemeinsam spazierten wir um 10:30 Uhr zum Frühstücken.
Unsere Wahl fiel an diesem Morgen auf das Restaurant „Schengen“, welches direkt gegenüber unserer Wohnung
lag.

Leicht angeschlagen verspeisten wir megaleckere Chicken Sandwiches mit und ohne Chicken. Dazu Pancakes und
Sunny-side-up-Eier. Mit Sanddorntee und Cappuccino wurde alles runtergespült, während wir den Porsche auf der
gegenüberliegenden Straßenseite beobachteten. Saß da jemand drin? Beobachtete der uns? Das wird doch wohl
niemand aus dem Lokal von gestern Abend sein?? Natürlich nicht…

Nachdem alle noch einmal zur Toilette gehuscht waren, einige davon in unserer Wohnung (Heimscheißer), ging es
wieder in den Untergrund. Einige der schönen U-Bahn-Stationen wollten wir uns noch anschauen und da der
Himmel sich komplett zugezogen hatte, war das doch der perfekte Zeitpunkt.

So schnallten wir unsere Rucksäcke wieder nach vorne, verstauten die Portemonnaies taschendiebsicher und
drängten uns zwischen die älteren Russinnen, die auf dem Weg zum Einkaufen waren und den in Anzügen
gekleideten Herren, die bestimmt von einem Meeting kamen. Asiatische Touristen mit Mundschutz klammerten
sich an die Haltestangen, während eine junge Frau mit Kopfhörer gelangweilt Kaugummi kaute.

Die Bahn rumpelte uns raus aus dem Zentrum und mit jeder Haltestelle wurde es leerer im Abteil. An der „Kirovsky
Zavod“ stiegen wir schließlich aus und wurden von einer Leninstatue „begrüßt“, die die hohen Marmorsäulen und
etwas sowjetisch angehauchte Metallverzierungen im Blick hat.


 


 


Nach ein paar Minuten gingen wir an die frische Luft, um einmal zu gucken, wie es außerhalb des Zentrums so
aussieht. Mmmh, alles grau in grau und zudem regnete es auch noch.


 


Nur Kays Augen leuchteten plötzlich auf, er hatte ein Nike Outlet entdeckt! Von dem hatte er bereits am Vortag im
Internet gelesen und nicht im Traum daran gedacht, dass er dorthin kommen würde. Freudiger Zufall, zumindest
für ihn.

Im Einkaufszentrum war dann alles auf Russisch. Lateinische Schrift war so gut wie nirgends zu finden.

Nachdem Kay und Lili ihre Geldbörsen etwas erleichtert hatten, hüpften wir in die nächste Bahn, die uns gute zwei
Kilometer weiterbrachte. Und zwar zur schönsten Station des U-Bahn-Netztes, wenn nicht sogar der Welt. Die
Metrostation „Avtovo“ hat reichverzierte Säulen, tollen Stuck und große Kronleuchter an den Decken und ein
wunderschönes Mosaik am Ende.

Mit der U-Bahn mittendrin wirkte alles etwas surreal. Wir hätten uns auch in der Eingangshalle zu einem Palast
befinden können.


 


 


 


Gegen 14:00 Uhr bestiegen wir wieder die U-Bahn und düsten zurück ins Zentrum. Draußen empfing uns ein
heftiger Regen und wir zogen uns die Kapuzen tief ins Gesicht. Leider ziemlich erfolglos versuchten wir unsere
U-Bahn-Ticktes an Passanten zu verschenken. Immerhin waren auf jeder Karte noch 5 Fahrten drauf und wir
brauchten sie nicht mehr, da wir am nächsten Tag Richtung Heimat düsten. Doch niemand wollte die Karten haben!

So marschierten wir, immer noch mit den Ticktes in der Hosentasche eilig zum Restaurant „Yat“. Der Himmel gab
alles und Wassermassen ergossen sich über uns. Die Autos preschten durch die Pfützen und das Wasser spritze an
meine Hose! Toll, ich war ja auch noch nicht nass genug! Im Restaurant stellte sich Ernüchterung ein. Es war 15:00
Uhr und der Laden war brechend voll. Bis zum Treffen mit Svetlana um 16:00 Uhr wäre es eng geworden und so
stolperten wir triefnass ins Café „Rasputin“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die aschblonde junge Dame
empfing uns mit einem recht genervten Blick und auch genauso missmutig nahm sie unsere Bestellung auf. Sie
bekam die Zähne nicht auseinander und gelächelt wurde mal so überhaupt nicht! Noch nie haben wir so eine
unfreundliche Bedienung erlebt.

Das Essen schmeckte auch nicht. Alles kam aus der Tüte und war lieblos angerichtet. Also, macht lieber einen
großen Bogen um das Café.

Svetlana erwartete uns bereits unter einem Regenschirm und lotste uns zum schwarzen Minibus. Dann bahnte sich
Igor, unser Fahrer, einen Weg raus aus der Stadt. Es war brechend voll auf den Straßen und nur im Schnecken-
tempo ging es vorwärts. Der Katharinenpalast liegt etwa 25 km südlich von Sankt Petersburg in Pushkin.
Bis auf Elli nickten wir alle mal kurz ein, obwohl Svetlana in einer Tour erzählte. Erst über den Katharinenpalast und
dann später über die Sehenswürdigkeiten die auf dem Weg dorthin lagen.

Nach einer Stunde Fahrerei durch das trostlose Wetter kamen wir am prachtvollen Palast an. Unsere nassen
Jacken konnten, bzw. mussten wir an der Garderobe abgeben. Dann bekamen wir noch Überschuhe verpasst und
ab ging es in die ehemalige Zaren-Sommerresidenz.


 


Da wir durch den Stau verspätet angekommen waren, mussten wir nun leider etwas durch den Palast eilen. Um
18:00 Uhr war nämlich Schluss mit lustig. So schlurften wir im Eilschritt durch die prächtigen barocken Räume.
Bestaunten den 800 qm großen goldenen Ballsaal, die wunderschönen Kachelöfen, gigantische Deckengemälde und
wenige Überbleibsel der originalen Wandvertäfelung.


 


 


 


 


Dann betraten wir das Bernsteinzimmer und waren im ersten Moment etwas irritiert. Wir blickten auf eine normale,
fast weiße Wand mit ein paar Goldverzierungen und erst beim Umdrehen erblickten wir die überwältigenden
Wandvertäfelungen aus unzähligen kleinen hauchdünnen Bernsteinplatten.

Das Bernsteinzimmer wurde ursprünglich 1701 vom preußischen König Friedrich I. in Auftrag gegeben. Sein Sohn,
Friedrich Wilhelm I., tauschte das Zimmer 15 Jahre später mit dem russischen Zaren Peter I. gegen 250 große
russische Männer für seine Leibgarde.

Daraufhin wurde es erst im Winterpalais und dann später, im Jahre 1755, im Katharinenpalast wiederaufgebaut.
Der Raum dort war aber größer als der ursprüngliche und so blieb eine Wand so gut wie bernsteinfrei. Das erzählte
uns zumindest Svetlana.
1941 raubte die deutsche Wehrmacht die wertvollen Wandverkleidungen, verpackte sie in Kisten und stellte sie ab
1942 im Königsberger Schloss aus.
Zwei Jahre später legten britische Bomber Königsberg in Schutt und Asche. Seitdem verliert sich auch die Spur des
Bernsteinzimmers. Wurde es zerstört oder konnte man es noch rechtzeitig in Sicherheit bringen?! Man weiß es
nicht und wird es wohl auch nie erfahren…

Aus alten Fotografien und in mühevoller Kleinarbeit haben die Restaurateure das Bernsteinzimmer nachgebildet.
Leider durfte man in dem Raum keine Bilder machen… Wirklich sehr schade!

Nach einem kurzen nassen Spaziergang durch den herbstlichen Park gingen wir zurück zum Minivan. Auf dem
Rückweg ins Zentrum standen wir wieder die meiste Zeit im Stau. So wollte Igor uns auch nicht zum gewünschten
Restaurant fahren. Es lag in der Nähe des Hauptbahnhofes und wir hätten noch mal eine halbe Stunde länger fahren
müssen.

Erst um 20:00 Uhr ließ Igor uns an der U-Bahn-Station „Puschkinskaja“ raus. Svetlana verabschiedete sich bereits
vorher von uns, da ihre Wohnung auf unserem Weg lag. Mit Pralinen aus Sprockhövel bedankten wir uns bei ihr!

Gut, dass heute Morgen niemand unsere U-Bahn-Tickets haben wollte! An der zweiten Station verließen wir die
U-Bahn und liefen durch den ätzenden Regen zum Restaurant „Banshiki“.

Unsere triefnassen Jacken konnten wir an der Garderobe abgeben. In dem kleinen fensterlosen Raum saß eine
ältere Dame und tauschte Jacken gegen hölzerne Marken.

Unser großer ovaler Tisch stand im oberen Teil des Restaurants, welches im Gegensatz zum gestrigen gut gefüllt
war. Zum Glück! Ich glaube, wir wären sonst sofort wieder gegangen.

Mit großem Hunger fielen wir über die Speisekarte her und bestellten alle eine Vor- und Hauptspeise. Kays Appetit
war sogar besonders riesig, bestellte er doch gleich zwei Hauptgerichte. Alle Speisen wurden dann auf
unterschiedlichen Tellern serviert, die aber trotzdem aufeinander abgestimmt waren. Geschmacklich war alles top!
Ob es nun die hausgemachten Pelmeni, das auf den Punkt gebratene Schaschlik, der traumhaft angemachte Salat
oder die Pfifferlinge auf selbstgebackenem Brot waren.

Als Nachtisch hatte ich noch „Kartoshka“, ein traditionell russisches Dessert. Auf einer fluffigen Schokoladenmousse
lagen drei süße „Kartoffeln“. Diese bestanden aus Butterkeksen, Nüssen, Nutella und Butter. Einfach himmlisch
lecker! Tom ließ sich die ebenfalls köstlichen „Oreschki“ schmecken. Die kleinen Nüsse waren mit karamellisierter
Kondensmilch gefüllt. 

Mit Kay tranken Tom und ich noch einen Abschieds-Wodka, der Rest der Truppe lehnte dankend ab.

Alles zusammen, war es für mich der stimmigste Abend was Ambiente, Essen und Freundlichkeit der Bedienung
angeht. Top Adresse!

Mit einem Großraum-Taxi (550 Rubel; 7,20 €) fuhren wir zurück zu unserer Wohnung. Müde packten wir alle
Sachen zusammen. Damit ich nicht unsere nassen Klamotten in den Koffer legen musste, föhnte ich noch meine
und Toms Jacke halbwegs trocken. Um kurz vor 0:00 Uhr waren wir alle soweit fertig und verschwanden in
unseren Zimmern. Nur Tom und Kay nahmen noch einen Absacker in der Küche.

Deutlich angeschlagen von den letzten anstrengenden Tagen mit wenig Schlaf, viel Lauferei und feucht-fröhlichen
Abenden schliefen wir alle kurz darauf ein.


27.09.

Um 4:20 Uhr schellte der Wecker und erstaunlicherweise war ich recht „fit". Schnell hüpfte ich unter die Dusche
und die letzten Sachen waren auch rasch zusammengepackt.
Viel reden wollte an diesem Morgen niemand, es war einfach viel zu früh. Unser bestellter Fahrer stand bereits um
5:10 Uhr vor unserem Haus. 20 Minuten musste er sich allerdings noch gedulden. Hatte ich ihn doch erst für 5:30
Uhr bestellt.
Die Fahrt zum Flughafen verbrachten wir die meiste Zeit schweigend, nur das Radio dudelte leise vor sich hin. Dank
der freien Straßen kamen wir bereits um 6:00 Uhr an unserem Ziel an.


 


Das war aber auch gut so. Kaum hatten wir das Gebäude betreten, gab es die erste Sicherheitskontrolle und
unsere Koffer und Taschen wurden durchleuchtet.
Am Check-in hatte sich eine lange Schlange gebildet. Nikita, der junge Mann am Schalter hatte die Ruhe weg und
bis wir unser Gepäck aufgegeben hatten, waren 45 Minuten vergangen.

Als nächstes folgte eine Kontrolle der Bordkarten, dann die Passkontrolle an den Ausreisehäuschen und schließlich
noch der Sicherheitscheck des Handgepäcks. Einen Ganzkörperscan gab es auch, allerdings standen wir seitlich auf
einem Laufband und wurden durchgefahren.

Dann hatten wir es endlich geschafft und suchten eine Kaffeebude auf. Müde hingen wir auf den blauen Polstern
und schlürften am Heißgetränk.

Als wir beim Boarding an der Reihe waren, fehlte Kay! Er war vorher noch zur Toilette geeilt und da Lili seine
Bordkarte hatte, stellten wir uns wieder hinten an…

Kaum hatte ich mich auf meinem Platz eingefunden, kam mir von vorne die Rückenlehne entgegen. Der ältere
Herr vor mir konnte mit dem Wort „Rücksicht“ anscheinend nicht viel anfangen. Eigentlich hätte ich meinen Sitz ja
auch zurück machen können. Das ging in unserer Reihe aber nicht, da hinter uns der Notausgang war.

Mein dezentes Rütteln am Tischchen zeigte nach gut einer Stunde aber seine Wirkung und der Typ setzte sich
vernünftig hin.

Das Essen an Bord lehnten wir fast alle ab, nur Kay ließ sich das Brötchen mit Hühnerbrust schmecken. Es sah
allerdings auch besser aus als das Ding vom Hinflug. Die meiste Zeit über hatten wir alle die Augen geschlossen und
duselten etwas.

Pünktlich zum Landeanflug waren alle wieder wach. Na ja, wir hatten die Augen auf…
Nachdem wir recht schnell unsere Koffer hatten, mussten wir nur noch auf Kay warten. Wo war er? Auf der
Toilette natürlich!
Kurz vor der Passkontrolle sorgte Jan dann für allgemeine Belustigung, in dem er einen Absperrungspfosten
übersah, ihn umrannte und dabei fast zu Boden fiel. 

In der Ankunftshalle verabschiedeten wir uns von Kay und Lili, die mit dem Zug weiter nach Hause fuhren.
Wir vier riefen unseren Shuttlebusfahrer an, der auch bereits wenige Minuten später angebraust kam. Sicher und
ohne Stau brachte Jan uns nach Hause, wo wir gegen 12:30 Uhr ankamen.


Fazit

Sankt Petersburg ist eine wunderschöne lebendige Stadt, die uns sofort gefiel. Mit ihren breiten Straßen, den
prunkvollen Kirchen und den vielen Brücken und Kanälen kam direkt ein „Wow-schön-hier“-Gefühl auf. Die vielen
prächtigen Gebäude erinnerten uns oft an Bauwerke in Prag, Paris, Brüssel und manchmal hatten wir auch das
Gefühl mitten in der Lissaboner Altstadt zu stehen.

Mit dem Wetter hatten wir richtig Glück. Auch wenn immer ein kalter Wind wehte und die Temperatur sich nur um
die 12C° bewegte, schien bis auf den letzten Tag immer die Sonne.

In der Stadt gibt es an jeder Ecke eine Bude oder ein umgebautes Auto, wo man etwas zu Essen und zu Trinken
kaufen kann. Dazu die zahlreichen gemütlichen Cafés, Bars und Restaurants. Es gibt eine Fülle an tollen
Ausgehmöglichkeiten!
Ebenfalls ist die Toilettendichte der Stadt mehr als ausreichend. Das ist ja schließlich auch nicht ganz unwichtig.
*lach* 

Sankt Petersburg ist viel preiswerter als wir gedacht hatten! Die Kosten für Essen, Eintrittskarten und Aktivitäten
waren für eine der größten Städte Russlands recht günstig.
Svetlana nahm für die dreistündige deutschsprachige Führung durch die Eremitage 21 € pro Person. Für die Tour
(4 Stunden) zum Katharinenpalast inklusive Reiseleitung, Minivan und Eintrittskarten mussten wir 56 € pro Person
bezahlen. Ihre Touren waren wirklich toll, sehr informativ und kurzweilig. Wir können Svetlana absolut weiter
empfehlen. 

Das russische Essen hat uns generell sehr gut geschmeckt. In die verschiedenen Teigtaschen-Variationen konnte
ich mich reinlegen und auch sonst war alles lecker, was Lili uns so als typisch russisch empfohlen hat.

Wenn Tom und ich irgendwann mal unsere ausgefallene Ostsee-Runde mit einem Wohnmobil nachholen, werden
wir bestimmt auch in Sankt Petersburg einen Stopp einlegen. So für zwei oder drei Tage würden uns da noch ein
paar Sachen einfallen, die wir bei diesem Trip nicht geschafft haben. Also, bis irgendwann Russland!

Schritte: 96.424
Gelaufene Kilometer: 69
Seiten Reisebericht: 25
Bilder: 1980
 

 

 

 

 

 

 

 

 

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